Ort der Erinnerung an die Opfer der Verfolgung von Sinti und Roma
NACHHALL – Sie lebten in unserer Mitte
Die Leere wird gefasst und bezeichnet, das Unfassbare wird Form.
Zum Gedenken an die Sinti und Roma, die im früheren Saargebiet lebten und in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden.
Sinti und Roma sind vor über 1000 Jahren aus dem Nordwesten Indiens nach West- und Osteuropa abgewandert.
Die Gesamtzahl der während der NS-Herrschaft ermordeten Sinti und Roma kann bis heute nur näherungsweise benannt werden. Ausgehend von zurückhaltenden Schätzungen, die zumeist auf statistischen Angaben aus der NS-Zeit beruhen, darf als zutreffend gelten, dass bis zu 500.000 Roma und Sinti umgebracht wurden.
Nach 1945 endete die gesellschaftliche und staatliche Diskriminierung der Sinti und Roma nicht. Ihnen wurde lange Zeit die Anerkennung verweigert, Opfer der rassistischen NS-Verfolgung gewesen zu sein. Erstmals in 1969 wurde durch den Europarat an das erlittene Unrecht an den Sinti und Roma aufmerksam gemacht.
Als in 1982 der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt die rassistische Verfolgung der Sinti und Roma beklagte und von einem Völkermord sprach, wurde ein Wandel des gesellschaftlichen Bewusstseins hinsichtlich des NS-Rassismus offenkundig. Dem gingen entsprechende Bemühungen insbesondere von Romani Rose voraus, der 1982 Vorsitzender des von ihm mitbegründeten Zentralrates Deutscher Sinti und Roma wurde.
Die Verfolgung von Sinti und Roma im früheren Saargebiet während der NS-Gewaltherrschaft ist bislang nicht umfassend wissenschaftlich aufgearbeitet worden. Dennoch ist die Verfolgung dokumentiert, wie der Aktenbestand des Landesentschädigungsamtes im Landesarchiv des Saarlandes belegt, jedoch gestaltet sich eine Auswertung als sehr aufwändig.
Der Saarbrücker Ort des Gedenkens befindet sich in unmittelbarer Nähe zur katholischen Kirche St. Michael, wo Pfarrer Arnold Fortuin von 1927 bis 1933 als Kaplan wirkte. Er erlangte später bundesweite Bekanntheit als Seelsorger der Sinti und Roma.
Pfarrer Arnold Fortuin betreute in der Saarbrücker Gemeinde Sinti- und Roma-Familien und gründete 1932 für deren Kinder im Verborgenen eine Schule im Pfarrhaus, gemeinsam mit Franz Lehmann Kimling, einem befreundeten Sinto.
Durch die entstandenen Kontakte wandten sich zur Zeit des Nationalsozialismus viele, von Verfolgung und Ermordung bedrohte Sinti und Roma an ihn, um Hilfe bei der Flucht ins Ausland zu erhalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg unterstützte Pfarrer Arnold Fortuin die Entschädigung der Sinti und Roma und wurde von 1965 bis 1970 durch die Deutsche Bischofskonferenz zum Nationaldirektor der „Katholischen Seelsorge für Roma, Sinti und verwandte Gruppen“ berufen.
Die Landeshauptstadt Saarbrücken bietet eingebettet in die Grünflächen des Echelmeyerparks einen künstlerisch gestalteten Ort des Gedenkens an die verfolgten und ermordeten Sinti und Roma, einen Ort der Besinnung und lebendigen Erinnerung.
Der Gedenkort besteht aus verschiedenen Elementen und Medien, die alle auf die gemeinsame Mitte verweisend, eine imaginäre Leere umrunden. Zentral auf einem kreisförmigen Platz befindet sich das skulpturale und interaktive Mahnmal.
Drei radial geformte Segmente aus Bronze umfassen in verschiedenen Größen die gemeinsame Mitte. Die Gestaltung symbolisiert mit der gefassten Leere den erlittenen Verlust – den Verlust jedes einzelnen geliebten Menschen, ihrer Stimmen und der gemeinschaftlich gelebten kulturellen Identität.
Klangliche Fragmente der Sinti- und Roma-Kultur können aus der Mitte, aus der Bodenfläche zwischen den Bronzesegmenten, über Audio-QR-Codes mit dem eigenen Smartphone abgerufen und an den Erinnerungsort übertragen werden. Zu mehreren entsteht ein atmosphärischer Klangraum aus gestrichenen Akkordklängen, die sich fließend ineinander bewegen, kombinieren und verdichten.
Drei steinerne Segmentbögen und eine halbhohe grüne Hecke markieren, wie sich ausbreitende Schallwellen, einen Platz der Begegnung. Ziergräser, saisonal blühende Blumen und Pflasterbänder formen weitere Kreise in den Park.
Realisiert wurde dieser Ort auf Anregung des Landesverbandes Deutscher Sinti & Roma Saarland. Entworfen und ausgeführt wurde der Gedenkort mit dem Titel "Nachhall" von der Saarbrücker Bildhauerin und Klangkünstlerin Frauke Eckhardt, im Auftrag des Kulturamtes in Zusammenarbeit mit der Kunstkommission der Landeshauptstadt Saarbrücken.
I Rikepaske ap u Sinti de Roma, mare Mulenge gei weian maredo an u Djiltoziro dran o puro Saargebiet.
Vous trouverez ici plus d'informations sur le projet de lieu de mémoire et de commémoration pour les Sinti et les Roms assassinés sous le régime national-socialiste.
Here you can find out more about the planned memorial site for the Sinti and Roma murdered under National Socialism.